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SiGeKo: Arbeitsschutz auf Baustellen

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Bei einem Bauprojekt treffen meistens viele verschiedene Gewerke aufeinander: Elektriker, Maurer, Dachdecker, Installateure und weitere Fachkräfte arbeiten oft gleichzeitig und unter Zeitdruck auf einer Baustelle. In diesem geschäftigen Umfeld können achtlos abgestellte Werkzeuge, herumliegende Kabel oder Baumaterialien schnell zu gefährlichen Stolperfallen werden. Damit die Sicherheit aller Beteiligten nicht dem Zufall überlassen bleibt, gibt es den Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator, kurz SiGeKo. Er sorgt dafür, dass alle Maßnahmen im Arbeitsschutz koordiniert, kommuniziert und konsequent umgesetzt werden. Ein SiGeKo kann also maßgeblich dazu beitragen, Arbeitsunfälle und schwere Verletzungen auf Baustellen zu verhindern.

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Aufgaben ein Sicherheitskoordinator erledigen muss, wie seine Tätigkeit gesetzlich geregelt ist und was ein SiGe-Plan ist.


Hohe Unfallzahlen auf Deutschlands Baustellen

Die Arbeitssicherheit auf Baustellen ist eine große Herausforderung im Baugewerbe, denn hier ereignen sich besonders viele und schwere Unfälle. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 107.546 meldepflichtige Arbeitsunfälle auf deutschen Baustellen registriert (meldepflichtig ist ein Arbeitsunfall, wenn die verletzte Person mehr als drei Kalendertage arbeitsunfähig ist oder der Unfall tödlich endet). Von diesen Unfällen verliefen 77 tödlich – das bedeutet, dass durchschnittlich alle fünf Tage ein Mensch auf einer Baustelle in Deutschland ums Leben kommt. Diese Zahlen spiegeln wider, wie wichtig das Sicherheitsmanagement durch einen SiGeKo ist.

(Quelle: Statistik – Arbeitsunfallgeschehen 2023, S. 29)


Wer ist für die Baustellensicherheit verantwortlich?

Die Sicherheit auf Baustellen ist eine gemeinsame Aufgabe, bei der verschiedene Beteiligte klar geregelte Pflichten übernehmen.

Die übergeordnete Verantwortung übernimmt dabei der Bauherr. Er muss bereits in der Planungsphase alle notwendigen Maßnahmen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz treffen. Sobald mehrere Unternehmen auf einer Baustelle tätig sind, ist der Bauherr gemäß der Baustellenverordnung (BauStellV) verpflichtet, einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) schriftlich zu bestellen (§ 3 BauStellV „Koordinierung“) – sofern der Bauherr diese Aufgabe nicht selbst übernimmt.

Der SiGeKo plant, koordiniert und überwacht die Sicherheitsmaßnahmen während des gesamten Bauvorhabens. Er erstellt den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und sorgt dafür, dass alle Arbeitgeber die vereinbarten Schutzmaßnahmen einhalten.  

Die Arbeitgeber der einzelnen Gewerke wiederum sind für den Arbeitsschutz ihrer eigenen Beschäftigten zuständig. Dazu gehören die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen für Baustellen, regelmäßige Sicherheitsunterweisungen der Beschäftigten sowie das Bereitstellen sicherer Arbeitsmittel und der notwendigen Schutzausrüstung, wie etwa eine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA). Bei der Umsetzung und Kontrolle dieser Maßnahmen werden sie von Bauleitern und Fachkräften für Arbeitssicherheit unterstützt.

Nur durch eine enge Zusammenarbeit und klare Absprachen lässt sich ein wirksames Maß an Sicherheit auf Baustellen gewährleisten.

Konkretisiert wird der § 3 BauStellV von der Regel zum Arbeitsschutz auf Baustellen RAB 30. Hier sind auch die Aufgaben des SiGeKo während der Planungs- und Ausführungsphase  definiert.


Welche konkreten Aufgaben übernimmt ein SiGeKo in der Planungsphase gemäß RAB 30?

  1. Koordination der Schutzmaßnahmen
    Er koordiniert die Umsetzung der allgemeinen Arbeitsschutzgrundsätze gemäß dem Arbeitsschutzgesetz (§ 4 ArbSchG) und stimmt sie auf die Bauausführung ab.
  2. Analyse von Wechselwirkungen zwischen Gewerken
    Ein SiGeKo identifiziert Risiken, die durch das Zusammenwirken verschiedener Gewerke oder durch externe Einflüsse entstehen können, beispielsweise durch benachbarte Betriebe oder Verkehr.
  3. Erstellung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans (SiGe-Plan)
    Der SiGe-Plan wird unter der Leitung des SiGeKo erstellt und als dynamisches Hilfsmittel fortlaufend an Änderungen im Planungsprozess angepasst. Er enthält alle notwendigen Schutzmaßnahmen für die Baustelle.
  4. Beratung zur Baustelleneinrichtung
    Der SiGeKo unterstützt bei der Planung der Baustelleninfrastruktur, wie bei der Anordnung von Lagerflächen, Zufahrten oder Schutzbereichen.
  5. Erstellung einer Baustellenordnung durch SiGeKo
    Falls erforderlich, entwickelt er Regeln für das Verhalten aller Beteiligten auf der Baustelle, um Gefahren zu minimieren.
  6. Planung bleibender Sicherheitseinrichtungen
    Er berät bei der Integration dauerhafter Schutzvorrichtungen (z. B. Absturzsicherungen oder Notausgänge) und erstellt ein Dokument für spätere Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten.
  7. Einfluss auf Ausschreibungen und Verträge
    Der SiGeKo sorgt dafür, dass Arbeitsschutzanforderungen in Ausschreibungen und Verträge aufgenommen werden. Gegebenenfalls prüft er Angebote auf Einhaltung der Vorgaben.
  8. Terminplanung zur Risikovermeidung
    Er berät bei der zeitlichen Abstimmung der Gewerke, um gefährliche Überschneidungen (z. B. parallellaufende Kranarbeiten und Gerüstmontagen) zu vermeiden.
  9. Mitwirkung bei der Vorankündigung
    Falls erforderlich, unterstützt er bei der Erstellung der behördlichen Vorankündigung des Bauvorhabens gemäß Baustellenverordnung.
  10. Abstimmung mit weiteren Koordinatoren
    Sind mehrere SiGeKo im Einsatz, organisiert er die Zusammenarbeit – insbesondere, wenn die Planungs- und Ausführungsphase von unterschiedlichen Personen koordiniert werden.


Die Aufgaben des SiGeKo während der Bauausführung

Während der Ausführung eines Bauvorhabens übernimmt der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator weitere wichtige Aufgaben, um einen sicheren und gesundheitsgerechten Ablauf auf der Baustelle zu gewährleisten:

  • Die Vorankündigung des Bauvorhabens wird bei Bedarf ausgehängt, aktualisiert und an neue Gegebenheiten angepasst.
  • Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan wird allen Beteiligten bekannt gemacht, regelmäßig überprüft, bei Änderungen angepasst und fortgeschrieben. Der SiGeKo achtet darauf, dass die im Plan festgelegten Arbeitsschutzmaßnahmen von allen Unternehmen umgesetzt werden.
  • Alle Auftragnehmer, einschließlich Nachunternehmer und Einzelunternehmer, werden über die festgelegten Schutzmaßnahmen umfassend informiert und bei Bedarf eingewiesen.
  • Der SiGeKo organisiert die Zusammenarbeit der verschiedenen Baufirmen in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz, etwa durch regelmäßige Sicherheitsbesprechungen und Baustellenbegehungen. Die Ergebnisse werden dokumentiert und ausgewertet.
  • Er koordiniert die Überwachung der richtigen Anwendung der vorgeschriebenen Arbeitsverfahren durch die Arbeitgeber und fordert dafür Nachweise ein.
  • Der SiGeKo achtet darauf, dass eine eventuell vorhandene Baustellenordnung und ein Baustelleneinrichtungsplan eingehalten werden, um gegenseitige Gefährdungen zu vermeiden.
  • Er berücksichtigt alle sicherheits- und gesundheitsschutzrelevanten Wechselwirkungen zwischen den Bauarbeiten und anderen Tätigkeiten oder Einflüssen auf oder in der Nähe der Baustelle.
  • Schließlich sorgt der SiGeKo dafür, dass die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzgesetzes auf der Baustelle angewendet und eingehalten werden.

(Quelle: RAB 30: Geeigneter Koordinator (Konkretisierung zu § 3 BaustellV), 3 Aufgaben des Koordinators)


Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) auf Baustellen

Der SiGe-Plan wird vom SiGeKo bereits in der Planungsphase erstellt und richtet sich an alle am Bau Beteiligten. Ziel des SiGe-Plans ist es, die spezifischen Sicherheitsanforderungen für sämtliche auszuführenden Arbeiten klar und verständlich zu vermitteln.

Ein SiGe-Plan ist immer dann erforderlich, wenn auf einer Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig oder nacheinander tätig werden und dabei besonders gefährliche Arbeiten ausgeführt werden.


Besonders gefährliche Arbeit gemäß Anhang II der Baustellenverordnung:

  • Gefahr des Versinkens oder Verschüttetwerdens in Baugruben/Gräben tiefer als 5 Meter
  • Absturzgefahr aus mehr als 7 Metern Höhe
  • Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 oder 4 oder mit besonders gefährlichen Stoffen/Gemischen
  • Arbeiten mit ionisierender Strahlung (Kontroll-/Überwachungsbereiche)
  • Arbeiten in weniger als 5 Metern Abstand zu Hochspannungsleitungen
  • Tätigkeiten mit unmittelbarer Ertrinkungsgefahr
  • Brunnenbau, unterirdische Erdarbeiten und Tunnelbau
  • Arbeiten mit Tauchgeräten
  • Arbeiten in Druckluft
  • Einsatz von Sprengstoff oder Sprengschnüren
  • Aufbau oder Abbau von Massivbauelementen mit kraftbetriebenen Hebezeugen

(Quelle: Anhang II BaustellV – Einzelnorm)

Auch bei umfangreichen Bauvorhaben, die eine Vorankündigung erfordern – zum Beispiel, wenn die Arbeiten mehr als 500 Personentage umfassen oder länger als 30 Tage dauern und mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig sind – ist ein SiGe-Plan Pflicht.


Sicherheit bei der Zusammenarbeit verschiedener Gewerke

Auf Baustellen entstehen Risiken oft erst, wenn mehrere Gewerke gleichzeitig oder nacheinander arbeiten. Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator prüft deshalb, welche Gefahren durch das Zusammenspiel der Gewerke auftreten können. Dazu wertet er die einzelnen Gefährdungsbeurteilungen aller beteiligten Firmen aus und dokumentiert die Ergebnisse im SiGe-Plan.

Im SiGe-Plan wird in weiterer Folge festgehalten, wie diese Risiken vermieden oder gemindert werden können.

Die Festlegung und Dokumentation konkreter Schutzmaßnahmen im SiGe-Plan sollte so erfolgen, dass sie von allen Beteiligten verstanden werden und für alle umsetzbar sind. Der Plan informiert zudem über die geltenden Arbeitsschutzbestimmungen und gibt Hinweise zur sicheren Nutzung gemeinsam genutzter Einrichtungen, wie etwa Gerüste oder Baustellenaufzüge. So können Arbeitsschutzanforderungen oft wirtschaftlich für mehrere Gewerke umgesetzt werden.

Zitat-Funktion:

„Der SiGe-Plan dient vor allem dazu, die Maßnahmen zu koordinieren, die für mehrere Unternehmer relevant sind oder die der einzelne Unternehmer allein nicht ergreifen kann. Dementsprechend werden die beauftragten Arbeitgeber und sonstigen Personen durch die Festlegungen im SiGe-Plan in keiner Weise von ihren Pflichten gemäß Arbeitsschutzgesetz und anderen für sie zutreffenden Arbeitsschutzbestimmungen entbunden.“

(Quelle: RAB 31)


Wichtige Infos im SiGe-Plan für jeden verständlich machen

Die Regel zum Arbeitsschutz auf Baustellen RAB 31 gibt hierzu konkrete Empfehlungen für Inhalt und Form des Plans, um eine gute Nutzbarkeit in der Praxis sicherzustellen.

Gibt es Beschäftigte, die nicht gut Deutsch können, sollten die wichtigsten Inhalte wie Notfallmaßnahmen oder Verhaltensregeln auch in deren Muttersprache erklärt oder ausgehängt werden. Das kann durch Übersetzungen, Piktogramme oder mündliche Unterweisungen geschehen. Eine gesetzliche Pflicht, den gesamten Plan in mehreren Sprachen auszuhängen, gibt es zwar nicht, aber am Ende zählt, dass alle wissen, wie sie sich schützen und was im Ernstfall zu tun ist.


Kann ein SiGeKo bei Unfällen auf der Baustelle haftbar gemacht werden?

Der SiGeKo übernimmt auf einer Baustellen Aufgaben, die über eine reine Beratungsfunktion hinausgehen. Zwar ist der Bauherr verpflichtet, einen oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tätig sind. Doch auch mit dieser Beauftragung bleibt die Gesamtverantwortung immer beim Bauherrn. Er kann seine Pflichten also nicht einfach auf den SiGeKo übertragen.

Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des SiGeKo sind neben der Baustellenverordnung und der RAB 30 auch in der RAB 33 (allgemeine Grundsätze nach § 4 ArbSchG) geregelt. Kommt es durch Nachlässigkeiten im SiGe-Plan zu Gefährdungen oder Unfällen, kann der SiGeKo im Rahmen der allgemeinen Verschuldenshaftung (§ 823 BGB „Schadenersatzpflicht“) haftbar gemacht werden. Beispielsweise dann, wenn er seine Koordinationspflichten verletzt hat. Die genaue Ausgestaltung der Verantwortlichkeiten und Weisungsbefugnisse sollte vertraglich festgelegt werden, doch auch dann bleibt der Bauherr in der Pflicht und kann sich seiner Verantwortung nicht entziehen.


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SiGeKo: Arbeitsschutz auf Baustellen

Bei einem Bauprojekt treffen meistens viele verschiedene Gewerke aufeinander: Elektriker, Maurer, Dachdecker, Installateure und weitere Fachkräfte arbeiten oft gleichzeitig und unter Zeitdruck auf einer Baustelle.

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